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mak.
Über Jahrzehnte haben
wir Verbraucher uns an sehr
gleichmäßig geformtes Obst
und Gemüse in den Supermärk-
ten gewöhnt. Das trägt dazu bei,
dass weltweit geschätzte 1,3
Milliarden Tonnen Lebensmit-
tel auf dem Müll landen, von
denen sich weltweit ca. drei
Milliarden Menschen ernähren
könnten. Doch nun bewegt sich
etwas: Nachdem Edeka* und
Coop* schon 2013 Obst und
Gemüse mit „Schönheitsfeh-
lern“ verbilligt verkauften, hat
Intermarché* 2014 nachgezo-
gen. In Weimar gründeten Stu-
denten einen Internetshop, der
„hässliche“ Früchte anbietet.
Das sind doch Angebote, bei
denen Mensch und Umwelt ge-
winnen: Der Käufer spart Geld,
es schmeckt oft besser und die
Bauern können auf unnötigen
Spritzmitteleinsatz verzichten.
Diese Argumente dürften es
wert sein, liebgewonnene Ange-
wohnheiten zu überdenken.
[7]
mas
. Glaubt man den Aus-
sagen der Hersteller von gen-
technisch verändertem Saatgut,
entsteht der Eindruck, das welt-
weite Ernährungsproblem sei
nur durch Einsatz von Gen-
technik zu lösen. Leon Bignell,
der Landwirtschaftsminister
Südaustraliens beweist, dass es
auf ganz natürliche Weise geht.
Er setzt auf ein Bodenverbesse-
rungsprogramm, bei dem der
Boden bis auf 50 cm Tiefe und
mehr bearbeitet wird und ihm
Tonerde und organische Stoffe
zugesetzt werden, um die Bo-
denfruchtbarkeit zu erhöhen.
Gleichzeitig ist im ganzen
Land der Einsatz von gentech-
nisch verändertem Saatgut und
Pflanzenschutzmitteln verbo-
ten. Die Ergebnisse, die Leon
Bignell jetzt präsentierte, las-
sen aufhorchen: „Wir haben
Erntezuwächse von 50-, 100-
und in einigen Fällen sogar
von 300 % erzielt.“ Laut Big-
nell sind diese Ergebnisse kein
Zufallstreffer, sondern weisen
den Weg zur Landwirtschaft
der Zukunft – einer Landwirt-
schaft, die durch Verbesse-
rung und Erhaltung der Bo-
denfruchtbarkeit hohe Erträge
und gesunde Lebensmittel er-
zeugt.
Dass Erntezuwachs vor allem
durch Gentechnik erzielt wer-
den kann, ist demnach eine
falsche Behauptung.
[5]
Ausgabe 2/16: Bauern
S&G Hand-Express
Quellen:
[4]
www.arte.tv/de/selbstmorde-jeden-zweiten-tag-nimmt-sich-ein-franzoesischer-landwirt-das-leben/7773908,CmC=7773718.html
|
www.schrotundkorn.de/2012/201210m07.php[5]
http://netzfrauen.org/2015/03/27/topp-ganz-ohne-gvo-300-mehr-getreideernte-in-suedaustralien/
[6]
www.edu-schweiz.ch/fileadmin/user_upload/1-EDU-CH/1-doku-ch/Standpunkt/2015-Standpkt/standpunkt-2015-10-CH.pdf (S. 11)
|
www.blw.admin.ch/themen//00005/00044/01178/index.html?lang=de
[7]
https://de.wikibooks.org/wiki/Verschwendung:_Nahrung
|
www.gute-nachrichten.com.de/2014/07/umwelt/supermarktkette-begeistert-kunden-fuer-unaesthetisches-obst-und-gemuese/
|
www.gute-nachrichten.
com.de/2013/08/umwelt/ugly-fruits-ein-platz-fuer-optische-maengel/|
www.zeit.de/wirtschaft/2013-11/lebensmittel-normen-edeka|
www.coop.ch/pb/site/common2/node/80607266/Lde/index.html?tboxhp=X_Unique_Teaser-ContentSieger-Ecke:
Dreimal höhere Getreideernte in Südaustralien
Schlusspunkt ●
Die Rede des Schweizer Bun-
desrates Ueli Maurer am
zehnjährigen Nordostmilch-
Jubiläum vom 22.8.2015,
kann stellvertretend sicher
auch auf andere betroffene
Länder übertragen werden.
Sinngemä
β
sagte Maurer,
dass die Bauern wichtig
seien für das Land. Die Poli-
tik dürfe die Bauern nicht
länger allein lassen oder
gar drangsalieren. Sie habe
vergessen, dass die Land-
wirte Lebensmittel produzie-
ren und damit Werte, wie
Wurzeln und Heimat ver-
körpern. Die Bauern sollten
aber zusammenstehen, den
Nachbarn nicht nur als Kon-
kurrenten sehen und nicht
zu fest jammern.
So wie die Bauern wichtig
sind für die Ernährungs-
souveränität eines Landes,
so sind Sie, liebe S&G-Le-
ser, Verteiler und Kuriere
wichtig für die freie Mei-
nungsbildung überall dort
wo Sie wohnen! Wir stehen
zusammen und jammern
nicht, sondern treiben das
Werk der Aufklärung vor-
an!
Nahrungsmittel für drei Milliarden Menschen weggeworfen
*Supermarktketten
Hohe Selbstmordrate bei Landwirten
rs.
Laut Statistik des franzö-
sischen Instituts für Gesund-
heitsüberwachung (InVS) vom
Oktober 2013, begeht alle zwei
Tage ein französischer Land-
wirt Selbstmord. Das sind mehr
als beim Rest der Bevölkerung.
Auch britische Bauern sind
offenbar stärker betroffen als
Menschen anderer Berufsgrup-
pen. Man spricht von einer
zwei- bis dreimal höheren
Selbstmordgefahr. Als eine der
Hauptursachen gilt der Preisver-
fall für landwirtschaftliche Pro-
dukte bei gleichzeitiger Preis-
steigerung für Konsumenten.
Aber auch die zunehmend be-
lastende Flut an Vorschriften
spielt eine nicht unwesentliche
Rolle. Die höchste Selbstmord-
rate weltweit unter Landwirten
hat jedoch Indien. Alle 30 Mi-
nuten nimmt sich ein indischer
Bauer das Leben. Zwischen
1995 und 2010 waren es mehr
als 250.000. Der Hauptgrund
dafür: Jedes Jahr mussten sie
das Saatgut von der Firma Mon-
santo erneut für teures Geld
kaufen, da es nicht mehr fort-
pflanzungsfähig ist. Die immen-
se Profitgier von Monsanto, auf
Kosten der Ärmsten, trieb die
indischen Bauern in eine hoff-
nungslose Schuldenfalle.
[4]
„Saatgut ist Leben. Wenn wir darüber die Kontrolle
verlieren, verlieren wir die Freiheit und
die Unabhängigkeit unserer Lebensmittelversorgung.“
Der Selbstversorgungsgrad der Schweiz sinkt
*Die
Biodiversität
umfasst neben der
Vielfalt der Arten auch die genetische
Vielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme.
den die Bauern dazu angehalten,
ihrer grundlegenden Aufgabe
Nahrungsmittel zu produzieren,
nicht mehr nachzukommen. Da-
mit wird der Selbstversorgungs-
grad der Schweiz auf besorgnis-
erregende Art und Weise ge-
senkt.
Eine grundsätzlich neue Per-
spektive für die künftige Agrar-
politik könnte die Ernährungs-
souveränitätsinitiative bieten.
[6]
p
b.
Mit der neuen Agrarpo-
litik 2014/2017 wurde in der
Schweiz ein neues Direktzah-
lungssystem für die Bauern ein-
geführt, welches u.a. mehr Öko-
logie, weniger Produktion, kei-
ne Tierbeiträge, dafür Biodiver-
sitätsbeiträge* verlangt. Der ur-
sprüngliche Sinn der Direktzah-
lungen (seit 1993) war die Ver-
billigung der Grundnahrungs-
mittel, die in der Schweiz pro-
duziert werden. Die Berechnung
der neuenAgrarpolitik 2014/2017
basiert v.a. auf der bewirtschaf-
teten Fläche. Wer viel Fläche
bewirtschaftet und wenig produ-
ziert, profitiert am meisten. Die
Anbauprämien im Ackerbau
wurden gesenkt oder gar abge-
schafft. Seit 2014 erhält der
Landwirt Direktzahlungen für
den Blumengarten vor dem
Haus, für ein paar Hühner mit
Hahn, für die Haltung von Ka-
ninchen, für eine angepflanzte
Hecke usw. Durch ein derar-
tiges Direktzahlungssystem wer-
Schweizer Volksinitiative „Für Ernährungssouveränität. Die Landwirtschaft betrifft uns alle“
im Endspurt.
www.ernaehrungssouveraenitaet.chVandana Shiva, indische Physikerin
(Siehe auch S&GNr. 22+26/13).
Die Redaktion (brm.)