S&G Jahrbuch 2020
7 Stimme Gegenstimme Nicht gläserne Bürger - gläserne Medien, Politiker, Finanzmogule brauchen wir! Weltgeschehen unter der Volkslupe S&G Klarheit durch intelligente Analytiker Weniggehörtes - vom Volk fürs Volk! frei und unentgeltlich Inspirierend S&G DIE VÖLKER HABEN EIN RECHT AUF STIMME UND GEGENSTIMME Medien müde? Dann Informationen von ... www.KLAGEMAUER.TV Jeden A bend ab 19.45 Uhr Fonds im allgemeinen sind Unternehmen, die das Geld von Investoren anlegen und auf diese Weise vermehren. Hed- gefonds tun genau das, unter- scheiden sich aber in mehre- ren Punkten von den übrigen Fonds. Der erste Unterschied betrifft ihre Klientel. Wer als Privatperson in einen Hedge- fonds investieren möchte, muss ein extrem hohes Vermö- gen nachweisen. Der zweite Unterschied betrifft die Stra- tegie. Hedgefonds haben kei- nen festumrissenen Anlagebe- reich. Häufiger Schwerpunkt der Hedgefonds-Strategie sind Wetten auf Kurs- oder Preis- schwankungen. Ein von Hedge- fonds häufig angewandtes Mit- tel ist die Hebelung. Hebelung heißt: Spekulieren auf Kredit. Der dritte große Unterschied ist die Risikobereitschaft. Mit der Hebelung ihrer Einsätze gehen Hedgefonds hohe Ri- siken ein, können also nicht nur hohe Gewinne machen, sondern bei Fehlspekulati- onen auch sehr hohe Verluste erleiden. Der vierte Unter- schied betrifft die Aggressivi- tät. Der fünfte und sechste Unterschied zwischen Hedge- fonds und normalen Fonds besteht zum einen in der Steu- ervermeidung und zum ande- ren in der Intransparenz. INTRO „Wenn man sich heute in der Welt umsieht, dann wird das Bild vor allem durch eine Eigenschaft bestimmt: durch Instabilität. […] Während es im sozialen Bereich vor allem zunehmende Unruhen, im politischen Bereich Zer- fall und im wirtschaftlichen Bereich Stagnation gegeben hat, kennen die Finanzmärk- te seit elf Jahren jedoch nur eine Richtung: aufwärts. Egal, was geschah, egal, welche Umwälzungen die Welt hin- nehmen musste, die Finanz- märkte haben sich durch nichts erschüttern lassen. Und das, obwohl wir 2007/08 die größte Finanz- krise aller Zeiten erlebt ha- ben. Wie erklärt sich das? Haben die Finanzmärkte nichts mehr mit dem Rest der Welt zu tun? Sind sie das einzig Gesunde in einer Welt, die man heute nur noch als krank bezeichnen kann? Ganz und gar nicht!“, so Ernst Wolff, deutscher Finanz- experte, an der 17. AZK-Kon- ferenz (2019) in seinem er- hellenden Vortrag „Globales Finanzsystem: Die Lunte brennt“. Seine wichtigsten Antworten auf diese entschei- denden Fragen wurden in dieser Ausgabe in sieben Artikeln auf den Punkt ge- bracht. Die Redaktion (wie./mik./het.) Finanzcrash 2007/08 – Was geschah danach? Deregulierung – Banken erhalten unbegrenzt Spielraum zum Geldverdienen Von 1948–1973 hat die Welt den Nachkriegsboom erlebt, indem die Weltwirtschaft et- wa ein Vierteljahrhundert lang ununterbrochen wuchs. Der größte Nutznießer dieser Ent- wicklung waren die Banken, die dieses Wachstum vor allem durch die Vergabe von Krediten anheizten und da- durch von Jahr zu Jahr mäch- tiger wurden. Als dann in den 70er Jahren die Wirtschaft ab- kühlte, ging auch das Geschäft der Banken zurück. Deshalb drängten sie die Politik, ihnen mehr Spielraum zum Geldver- dienen zu geben. Sie forderten, die Regeln zu lockern, also zu deregulieren. So ließ Margaret Thatcher im Oktober 1986 in der City of London unter anderem das Trennbankensys- tem, also die Trennung von normalen Geschäftsbanken und Investmentbanken, aufheben. Diese Trennung war einst ein- geführt worden, um Bankkun- den zu schützen. Sie verbot normalen Geschäftsbanken, mit den Einlagen ihrer Kunden zu spekulieren. Da für auslän- dische Banken dieselben Be- stimmungen wie für britische Banken gelten sollten, erlebte die City of London Ende der 80er Jahre einen riesigen Zu- lauf und entwickelte sich schnell zum wichtigsten globa- len Finanzplatz neben New York. Das übte auf den Finanz- sektor anderer Länder einen gewaltigen Druck aus, so dass die meisten von ihnen nachzo- gen. Die Folge: Der Finanz- sektor wuchs schneller als alle anderen Wirtschaftsberei- che und nahm Ausmaße an, die die Welt bis dahin nicht gesehen hatte. Zwei Folgeer- scheinungen waren die Zunah- me von Hedgefonds und der Boom im Bereich der Derivate. Was 2007/2008 passierte, wird oft mit dem Crash von 1929 verglichen. Dabei gibt es einen fundamentalen Unterschied. Während 1929 das System trotz der großen Depression aus eigener Kraft wieder auf die Beine kam, musste es 2008 mit öffentlichen Geldern gerettet werden. Das ging nur mit der größten Vermögensumvertei- lung aller Zeiten, und der Ver- abreichung von „lebenserhal- tenden Drogen“ durch die Zentralbanken: Einerseits wur- den riesige Geldmengen ge- schaffen und andererseits für deren Vergabe immer weniger Zinsen verlangt. Den Bürgern wurde damals erklärt, dies sei notwendig, um die Wirtschaft anzukurbeln. Heute wissen wir: Es war eine Lüge! Das Geld ist nämlich kaum in die Realwirt- schaft, sondern größtenteils in die Finanzspekulation geflos- sen. Zur Stabilisierung der Märkte haben die Zentralban- ken später Staatsanleihen und Verbriefungen gekauft, also ge- nau die Papiere, die in der Krise von 2007/2008 als Brand- beschleuniger gewirkt haben. Wem haben diese Rettungen genützt? Genau denen, die die Krise verschuldet haben und die sich über Recht und Ord- nung stellten, indem sie sich von der Politik für „too big to fail“* erklären ließen. Heute können sich die großen Finan- zinstitutionen jede noch so ris- kante Spekulation in dem Be- wusstsein leisten, dass man sie im Notfall retten wird. Damit haben wir schlimmere Zustän- de als im Absolutismus** er- reicht. Denn während früher die Herrscher nur geogra- phisch begrenzte Reiche domi- nierten, herrscht die Finanzin- dustrie heute weltweit. Was sind Hedgefonds? ~ Ausgabe 2/2020 ~ Ernst Wolff zum globalen Finanzsystem 10. JANUAR 2020 * wörtlich: zu groß um zu scheitern **Alleinherrschaft ohne politische Mitbestimmung des Volkes
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